Donnerstag, 3. August 2017

"Yasuni-ITT"

- das Scheitern eines einzigartigen Umweltprojektes -


der Yasuni Nationalpark

Die Initiative "Yasuni-ITT" kam aus der Bevölkerung und wurde unter Rafael Correa in das Regierungsprogramm aufgenommen. Der Name der Initiative setzt sich zusammen aus dem Namen des größten Nationalsparks des Festlandes "Yasuni" (etwa 100 Hektar groß) und dem sich im Yasuni befindenden Ölfeld "ITT" (Ishpingo-Tambococha-Tiputini), welches etwa 40 Prozent der Ölreserven des Opec-Landes ausmacht.


Hierbei handelte es sich um ein einzigartiges Umweltprojekt, bei dem die Natur nach dem
Konzept des "Buen Vivir" berücksichtigt werden sollte.

Ecuador wollte auf die Ölförderung in einem der artenreichsten Gebiete der Erde und Heimat vieler indigener Völker verzichten, wenn es im Gegenzug die Hälfte der zu erwartenden Erträge (etwa 3,5 Milliarden US Dollar) von der Weltgemeinschaft erstattet bekommt.

"Vive Yasuni" - "Lebe Yasuni"

Das Geld sollte von einem UN-Fonds verwaltet werden und Ecuador für Umwelt- und Entwicklungsprojekte zur Verfügung gestellt werden. Einzahlen sollten vor allem Länder, die einen hohen CO2-Ausstoß vorzuweisen hatten. 
Durch die Initiative sollte das Artenreichtum im Yasuni-Nationalpark gesichert werden und gleichzeitig der Ausstoß von CO2 verhindert werden. Im Fall der Ölförderung würden etwa 400 Millionen Tonnen CO2-Emissionen ausgestoßen werden. Dies entspräche fast dem gesamten Jahresausstoß Italiens.
Die Idee die Industrieländer, die traditionell die Rohstoffe des globalen Südens ausbeuten und für den Großteil des CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, am Klimaschutz zu beteiligen klingt schlüssig und fair.
Unterstützt wurde "Yasuni-ITT" weltweit durch die "Yasunidos", einem Bündnis von Nichtregierungsorganisationen. Deren Slogan lautete "Keep the oil in the soil" - "Lass das Öl in der Erde".


Was hat Deutschland damit zu tun?
Die Antwort lautet: ziemlich viel. Bis zur Einführung der neuen Regierung 2009 und Dirk Niebels als Entwicklungsminister, galt Deutschland als einer der größten Unterstüzer der Initiative. Im November 2011 scheiterte jedoch je ein Antrag der SPD und der Fraktion "die Linke" im Bundestag, um Gelder des Umweltministeriums für den UN-Fond bereit zu stellen, an der Mehrheit der Koalition aus Union und FDP.

Bis Sommer 2013 konnte Ecuador mit nur etwa 140 Millionen der 3,5 Milliarden US Dollar nicht einmal 0,5 Prozent des Gesamtbetrags zugesichert werden.
Als Reaktion darauf lies Correa die Erdölförderung zu. Er verwies darauf, dass die Beträge für die Armutsbekämpfung unerlässlich seien und das ihm der Mensch doch etwas wichtiger ist als die Natur. Die Ölförderung begann im Jahr 2016.


Proteste der indigenen Bevölkerung
Indigene- und Umweltorganisationen bemängeln, dass nie über eine dritte Option geredet wurde - das Erdöl auch ohne die internationale finanzielle Entschädigung nicht zu fördern. Außerdem werfen sie Correa einen Verstoß gegen das in der Verfassung verankerte Prinzip "Buen Vivir" vor, indem er die Natur als Rechtssubjekt nicht berücksichtigt. 

Die "Yasunidos" versuchten durch Proteste und Unterschriftensammlungen politisch Einfluss zu nehmen. Ende 2013 wurde eine Unterschriftenaktion gestartet, um den Wahlrat zu einer Volksabstimmung über die Ölausbeutung zu bewegen. Dazu waren mindesten 5% der wahlberechtigten Bürger nötig. Im April 2014 wurden mehr als die 600.000 benötigten Unterschriften eigereicht.

"Unterschreibe für das Leben"

Allerdings waren die Bemühungen erfolglos. Im Mai 2014 erklärte die Wahlkommission Ecuadors einen Großteil der Unterschriften für ungültig und somit wurde eine Petition zum Schutz des Yasuni Nationalparks aufgehoben. Die Ölförderung im Yasuni begann Ende des Jahres 2016.


Wer hat Schuld?
Nach dem Scheitern der Initiative gaben sich Deutschland und Ecuador gegenseitig die Schuld dafür.
Ecuador hatte bereits vor Beginn der Bohrungen Genehmigungen zur Ölbohrung im Yasuni an China vergeben, die an hohe Kredite gebunden waren. China ist Ecuadors Hauptkreditgeber, weshalb Ecuador finanziell von China abhängig ist. Außerdem wurde der autoritäre Kommunikationsstil Correas kritisiert.

Correa beschrieb seine Kritik an Deutschland und weiteren Industrieländer sehr eindeutig aus deren Perspektive:
"Holzt nicht ab, holt nichts aus dem Boden, sterbt vor Hunger, aber wir genießen als Touristen den Dschungel, den ihr nützlichen Idioten erhaltet."
Die damalige Bundestagsabgeornete Ute Koczy (Bündnis 90/ die Grünen) gab den "Ego-Trips von Niebel und Correa" die Schuld für das Scheitern der Initiative.
Der Konflikt vergiftete die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. So verhängte Ecuador zwischenzeitlich ein Einreiseverbot für deutsche Bundestagsabgeordnete, die mit Oppositionellen über die "Yasuni-ITT" Initiative sprechen wollten. Dies führte zu einer kurzzeitigen bilateralen Eiszeit.


Die Folgen
Zu Beginn der Förderung sollen etwa 23.000 Barrel Rohöl pro Tag befördert werden. Das entspricht ca. 3,657 Millionen Litern (1 Barrel=159 Liter). Bis 2022 sollen es täglich sogar 300.000 Barrel (47,7 Millionen Liter) werden.
Genaue Folgen sind im vornherein schwierig zu benennen, allerdings wird in Ecuador schon seit den Siebzigerjahren Öl befördert.
Von 1964-1992 war die von der US-Firma Chevron aufgekaufte Ölfirma Texaco in Ecuador tätig. Die Folgen dieser jahrelangen Ölbohrungen sind bereits mehr als sichtbar. 


Überlaufende Sammelbecken oder kaputte Pipelines sind nur einige Gründe, weshalb Rohöl in die umliegende Natur gelangt ("Öl-Pest im Regenwald: Erdrutsch zerstörte Pipeline"). In den 20 Jahren Erdölförderung gelangten rund 71 Millionen Liter Erdölrückstände und 64 Millionen Liter Rohöl in die Umgebung der Bohrstellen. Und von dort aus in Flüsse wie den Rio Napo, der das verseuchte Wasser direkt in den Amazonas weiterleitet. Diese verschmutzten Flüsse werden von Indigenen benutzt, um zu fischen, sich zu baden oder etwas zu trinken. Einige Folgen sind heute als Krankheiten wie Krebs, Missbildungen oder Infektionen zu erkennen. Des Weiteren kaufte Texaco zahlreiche indigenen Siedlungen auf, um die Ölförderungen auszuweiten.
Seit 2007 verstaatlichte die ecuadorianische Regierung 80 Prozent der Ölgewinne.   
Noch heute weigert sich Chevron/ Texaco einer Strafzahlung in Milliardenhöhe nachzukommen, die sie aufgrung der Umweltverschmutzungen an Ecuador zahlen sollen ("Chevron-Texaco: Eine giftige Firma").